Mittwoch, 22. Dezember 2010

Leben in der Fülle des Seins

Die Ganzheit wächst mit jedem Tag.
Immer mehr erscheint das Ego nur noch als ein Hauch, ein Rest von Ahnung in der unendlichen Fülle, der Ganzheit der Existenz, eine Erinnerung an frühere Zeiten.

Der innere Umbau geht jeden Tag weiter. Ich beobachte das mit Interesse, bin manchmal erfreut und überrascht, wenn etwas Neues auftaucht, eine neue Wahrnehmung, eine neue Erkenntnis.
Heute bemerkte ich, welche Bewegungen in mir enstehen, wenn ich auf alte Bekannte, auf Freunde treffe und mich intensiv mit ihnen unterhalte, Probleme diskutiere und Lösungen zu finden versuche.

Wenn ich anderen Menschen begegne, spüre ich in mir die Gewohnheit, dass ich auf eine bestimmte Art und Weise innerlich auf sie reagiere. Ich merke, dass ich etwas von ihnen will, dass ich eine bestimmte Vorstellung davon habe, wie sie sein sollten und dass ich es auch gern hätte, dass sie so sind.
Dann merke ich, dass da nicht wirklich jemand ist, der diese Gewohnheit hat. Ich kann niemanden identifizieren, der das wirklich will. Ich beobachte mich dabei, wie ich diesen inneren Strömungen zuschaue.
Sie kommen und sie gehen wieder, und ich weiß, dass sie vor nicht langer Zeit das waren, was mich ausgemacht hat, was ich als ICH bezeichnet habe. All diese Wünsche, diese Antriebe, diese Vorstellungen, die mich zum Handeln angetrieben haben.

Sie schwirren wie ein heimatloser Geist durch meinen Innenraum, nur eine wohlbekannte Idee aus alten Zeiten.
Maya, Einbildung sagen die Inder. Ich habe mich früher immer gefragt, wie die Inder die Realität als Maya bezeichnen können. Als Täuschung.
Für mich war die Realität alles, was ich hatte und für die Menschen, die ich kenne auch.
Wie sollte das alles Maya sein?
Jetzt verstehe ich das besser.

Wenn ich andere Menschen treffe und mit ihnen rede, merke ich in mir, dass ich bestimmte Vorstellungen von diesen Menschen habe. Ich wünsche mir etwas von ihnen, möchte, dass sie sich in einer mir genehmen Art und Weise verhalten usw. Das war früher auch schon so. Da hat sich nichts geändert.
Neu in mir ist die Wahrnehmung, dass ich das Gefühl habe, dass nichts geändert werden muss oder kann. Alles ist so wie es ist. Es ist kein richtig oder falsch dabei, sondern nur das Gefühl von OK. Es ist absolut richtig so, wie es ist. Es ist keine Idee da, das da irgendwas irgendwie anders sein sollte.
Es laufen also 2 Filme gleichzeitig ab. Der eine Film läuft in dem Anderen.
ich habe das Gefühl, dass sich nichts mehr ändert, selbst wenn ich mir wünsche, dass es sich ändern soll und es dann auch eintritt. Ich empfinde das nicht mehr als Änderung. Es ist wie ein Hauch in dem Gefühl des Unveränderlichen.

Das Unveränderliche fließt in die veränderbare Späre des Lebens ein. Als würden die Spielregeln in einem laufenden Spiel ganz sanft geändert werden. Das Spiel läut weiter, ständig ändert sich etwas, aber es ist kein Gefühl mehr da von Veränderung. Es fühlt sich an, als hätte sich nichts verändert.
Früher war es mir sehr wichtig zu fühlen, dass sich etwas verändert, weiterentwickelt, meinen Plänen entsprechend läuft. Ich trete auch heute noch vehement für meine Ideen ein, für meine Ziele usw. Aber ich habe nicht mehr das Gefühl, dass sich etwas verändert. Es ist nur eine andere Wahrnehmung, es ist vom Gefühl her keine Änderung der Realität.

Und das ist das Neue, das sich bestimmt komisch anhört.

Die Veränderung ist eine Qualität, ein Merkmal des Unveränderlichen geworden. Ein Ausdruck des Unveränderlichen. Eine Form.
Früher war es die einzige Realität, die ich hatte und die ich kannte. An der ich mich festgehalten habe, an der ich mein ganzes Leben ausgerichtet habe.

Das hat sich jetzt offensichtlich geändert.

Die Unendlichkeit ist aufgetaucht

Ich merke, dass es mir schwer fällt Worte zu finden für das, was sich in mir tut.
Ich habe in der letzten Zeit mehre Erfahrungsberichte geschrieben und nicht veröffentlicht, weil sie mir nicht schlüssig und verständlich erschienen.
Es fällt mir leichter meine Erfahrungen in einer direkten Unterhaltung mit jemandem zu beschreiben. Ich kann dann Worte wählen, die dem gemeinsamen Erfahrungsschatz entspringen und mich dadurch besser verständlich machen. Ich kann einen gemeinsamen Kontext herstellen, der das Erklären und Verstehen erleichtert.
Was ich hier erklären will, sind innere Erfahrungen, die ich jeden Tag mache. Erfahrungen einer Realität, die so überwältigend ist, so invasiv, so überzeugend und schlüssig, dass nichts anderes mehr übrigbleibt.
Alles wird aufgelöst, integriert in diese Realität, alles war schon immer da drinnen, ich habe das nur nicht gesehen, weil ich es ausgeblendet hatte.
Es bringt nichts zu sagen, dass nichts Anderes mehr existiert als diese Realität, da alles diese Realität ist - und es ist schwer, das zu beschreiben.

Normalerweise erfährt man all die Dinge des täglichen Lebens und identifiziert sich mit ihnen. Das geschieht unbewusst und automatisch und ist im Grunde nicht weiter der Rede wert, weil es so völlig normal ist.
Was passiert bei dieser Identifikation?
Wir benutzen all unsere Erfahrungen als Bestätigung unseres Weltbildes, und wir steuern und manipulieren das so, dass es da auch hineinpasst.
Ich erfahre jetzt aber genau diesen Vorgang anders. Gab es bisher nichts anderes als diese normale Art der Wahrnehmung, so gibt es jetzt einen Bezugsrahmen, einen Horizont, in den das Ganze eingebettet ist, wodurch die Art der Erfahrung sich ändert. Das ist kein intellektueller Rahmen.
Ich nehme immer noch alles wahr wie bisher, mache alles, was getan werden muss, wie immer, aber merke, dass sich etwas grundlegend geändert hat.
Was ist das für eine Veränderung?
Es fühlt sich an, als würde man sein normales Leben nicht mehr im Außen erfahren, als äußere Realität, sondern im Inneren, als innere Realität. Das Leben spielt sich im Inneren ab, nicht im Äußeren. Es gibt kein Äußeres mehr, das nicht in den Innenraum gerutscht wäre.
Es fühlt sich an, wie Gedanken, wie Bilder, wie Gefühle. Es sind nur noch ganz zarte Bilder, gar nicht mehr richtig zu fassen. Sie kommen und sie gehen, es ist ein ewiger Wechsel.
Was jetzt bei mir neu ist, ist dass dieses Unbewegliche aufgetaucht ist.
Die ewige Veränderung, diese dauernde Bewegung ist nur noch eine Qualität des Unbeweglichen. Eine Sichtweise auf das Unbewegliche, Ewige, Unendliche.
Wenn das Unendliche nicht in der eigenen Wahrnehmung ist, ist die Bewegung die einzige Realität. Sie ist ja auch real. Als Ausdruck des Unbeweglichen. Als Teil des Ganzen. Nicht für sich allein.
Sie hat für sich allein keine Realität, weil es sie nicht für sich alleine gibt.

Erleuchtung und das Ego

Hat man eigentlich ein Ego, wenn man erleuchtet ist?
Denn irgendwer ist man ja, auch wenn alle Bindung aufgelöst ist. Und irgend ein Selbstbild hat man ja auch in den Weiten der Unendlichkeit von sich selbst.

Das waren so meine Gedanken heute morgen beim Aufwachen.

Ich bin der Meinung, dass es kein Problem ist, wenn man von sich selbst sagt: ICH bin...

Jede Unterhaltung und alle Arbeit des Tages läuft immer wieder auf dieses Ich hinaus und nimmt Bezug darauf. Ich will dies und das machen, ich habe Hunger und Durst, ich will spazieren gehen, ich arbeite usw. Wie die innere Gefühlslage dabei ist, ist im Grunde egal. Denn ob ich mich als begrenzt und leidend empfinde, oder als unbegrenzt und blissig. Da ist eine Instanz, die das sagt und empfindet und sicher weiß, dass das so ist, wie es ist.
Ich bin...

Was ist dann dieses Ego, dieses "erleuchtete" Ego? Klingt das nicht komisch? Sollte das nicht verschwunden sein, das Ich, das Ego, der persönliche Bezug? Sollte der sich nicht aufgelöst haben in den Weiten der Unendlichkeit?
Ja, das hat er. Die Bindung an das, was vorher vom Gefühl her das Persönliche war, ist weg, das Ego hat sich aufgelöst.

Ich hatte mein Leben lang ein Bild von mir selbst. Und mit diesem Bild hatte ich mich identifiziert. Womit sonst? Dieses Bild war selbst erschaffen und durch so viele Einflüsse wie nur denkbar beeinflusst. Einflüsse von Innen und Außen. Alles war eingewoben worden in dieses Bild von mir selbst, das mich mit kleineren Änderungen mein Leben lang begleitet hat und mir immer ein sicherer Hafen war. Das war meine Persönlichkeit, mein Charakter. So war ich nun mal, und wenn ich etwas dazugelernt hatte, wurde das neu erworbene Wissen einfach eingebaut in diese Struktur.

Was ist nun eigentlich mit mir passiert, wenn ich sage, das Ich, das Ego ist weg, ist verschwunden?

Diese Transformation, diese allmähliche Veränderung, die durch die lange Zeit der Praxis schrittweise aufgetreten ist, hat natürlich auch schrittweise mein Selbstbild verändert. Dieser "letzte" Schritt, den ich Erleuchtung genannt habe, war insofern auch nur ein weiterer Schritt in dieser Entwicklung.
Was ist nun das Besondere bei diesem Schritt? Warum tritt dieses Gefühl auf, das Ego, verloren zu haben, wenn doch ganz offensichtlich dieser Mensch, der ich bin, immer noch da ist? Was wird transformiert, was hat sich so grundlegend verändert, dass hier von einem veränderten Bewusstseinszustand und nicht nur von einer weiteren Veränderung gesprochen wird? Was sind die Kennzeichen dafür, und ist das eigentlich etwas Besonderes, etwas das erwähnenswert ist?

Das Ego, das normalerweise immer als die eigene Persönlichkeit wahrgenommen wird, löst sich vollständig in der Wahrnehmung der Unendlichkeit auf und kehrt als wahrnehmbare Struktur und Identität nicht mehr auf.
Das ist die eigentliche Änderung. Das eigene Innere wird als ein unbegrenzter, freier Raum wahrgenommen in den hinein sich die Gefühle all der großen und kleinen Sensationen auflösen.
Alles läuft ab, wie bisher, findet aber nicht mehr diesen Bezug zu dieser Persönlichkeitskonstruktion, der man sein Leben lang vertraut hat. Das ist am Anfang durchaus ungewohnt, da es sich aber sehr schlüssig anfühlt, vermisst man nichts.

Das kleine Ich hat sich aufgelöst in dem großen Sein, das die Unendlichkeit ist und nun als Ich empfunden wird. Und dieses große Ich weiß um all das, was geschieht Bescheid, so dass weiterhin ein Gefühl vorhanden ist von: ICH bin...

Diese beobachtende Instanz ist weiterhin vorhanden. Ich kann mich selbst beobachten, und wenn ich das tue, löst sich alles in der Unendlichkeit auf. Das umfasst auch meine Befindlichkeiten, meine Wünsche, mein Körper, meine Umgebung, alles, was ich wahrnehme.
Ich nehme mich quasi selbst war, wenn ich irgendetwas wahrnehme. Es ist da kein Gefühl von Trennung. Wie auch, wenn das Sein sich selbst als Sein wahrnimmt?

Die Wahrnehmung startet in der Unendlichkeit, beschäftigt sich mit all den verschiedenen inneren und äußeren Manifestationen, die sie aus sich selbst heraus geschaffen hat und endet wieder in der Unendlichkeit bei sich selbst. Das ist wie eine Wahrnehmung in einem ewigen Kreis. Da ist nichts außerhalb des Kreises, weil alles schon immer da war und immer da sein wird. Von der Unendlichkeit bis in die Unendlichkeit.

Das ist das, was und wie ich wahrnehme.

Diese ganz natürlichen Schritte der Bewusstseinsentwicklung stehen jedem Menschen offen, der sich intensiv seiner Praxis widmet und der Interesse daran hat.
Das hat nicht jeder, weil viele Menschen sich einfach so wie sie sind in ihrer Haut wohl fühlen. Und selbst wenn das nicht so ist, kommt nicht jeder Mensch gleich auf die Idee etwas an sich selbst, an seinem Selbstbild zu ändern. In der Regel wird man versuchen an seiner Außenwelt, an seinen Beziehungen etwas zu verändern, bis man wieder zufrieden ist.

Dieses ominöse Ego, dieses Selbstbild existiert bei mir heute nicht mehr. Es hat sich vollständig aufgelöst und dabei alles, was wir Schatten nennen, gleich mit in die Unendlichkeit gezogen.

Wir lebt es sich ohne dieses alte Selbstbild?

Ganz gut. Wenn ich mich selbst betrachte, innerlich, also auf das acht gebe, was in mir passiert, dann ist da natürlich etwas. Und dieses Etwas ist diese Stille, diese unendliche Weite, man könnte auch Nichts sagen, in dem Alles drin ist, weil es sich unmanifestiert anfühlt, und die gefühlte Qualität ist Liebe und Bliss.

Insofern ist das auch ein Selbstbild, und ich habe es mir auch selbst "geschaffen" durch meine lebenslange Praxis, aber es fühlt sich nicht an, als wenn ich mit meinem kleinen Ego mir das erschaffen habe, sondern als wenn ich von dieser großen Unendlichkeit erschaffen worden bin.

Ich bin Das...

Es ist, als wenn ich 2 Perspektiven auf einmal hätte, einmal aus der Sicht der Unendlichkeit, wo mein kleines Ego drin verschwunden ist und einmal aus der Sicht des Menschen, der ich im Alltag immer bin, wo der Blick nach Innen sofort in der Unendlichkeit landet und auch wieder das Gefühl da ist: Ich bin Das...

Aus der Sicht der Unendlichkeit gibt es keine Beschränkungen und Begrenzungen, weil auch die in ihr enthalten sind. Aus der eingeschränkten Perspektive der Begrenztheit ist der Blick in die Unendlichkeit ein Wunder und eigentlich unbeschreibar. Das ist alles.

Wir können als Menschen nicht nur beide Perspektiven nacheinander einnehmen, sondern auch als einen einzigartigen Bewusstseinszustand gleichzeitig erleben, leben, sein.
Und das ist das eigentlich Besondere an diesem neuen Bewusstseinszustand.

Selbstliebe und Geliebtwerden

Ich habe heute morgen gemerkt, dass Selbstliebe in seiner vollendeten Form das Gefühl ist, dass ich geliebt werde.
Ich fühle mich geliebt. Und dieses Geliebtsein geht nicht nur von einem anderen Menschen oder meiner Familie aus, wie man denken würde.
Es ist verbunden mit dem Bewusstsein der Existenz.
Ich fühle mich geliebt, einfach so, einfach aus meinem Sein heraus, in meinem SoSein.
Wenn ich die geliebten Menschen um mich herum betrachte, fühle ich mich durch sie geliebt.
Wenn ich fremde Menschen betrachte, fühle ich mich durch sie geliebt.
Wenn ich meine Hunde betrachte, auch.
Beliebige Gegenstände um mich herum, auch.
Selbst mein Zahnschmerz, der gerade wieder tobt gibt mir das Gefühl geliebt zu werden.
Ich weiß, jetzt wird es komisch, es ist aber so.
Dieses Gefühl geliebt zu werden, sich geliebt zu fühlen, scheint ein Seinszustand und für mich ein weiterer Schritt in der Entwicklung zu sein.
Ich finde, damit lässt es sich gut leben :-)